Cholesterin - Was kleine Fettpartikel im Stillen anrichten
- Claudia
- 5. Juni
- 7 Min. Lesezeit
Und wie man ihnen rechtzeitig begegnen kann

Cholesterin sieht man nicht. Man spürt es nicht. Und wenn der Wert erhöht ist, merkt man meist gar nichts. Genau das macht es so tückisch. Denn über Jahre hinweg können sich zu viele Cholesterinpartikel – vor allem das sogenannte “schlechte” LDL – in den Gefäßen ablagern. Die Folge: Das Risiko für Herzinfarkt oder Schlaganfall steigt, oft ganz ohne Vorwarnung.
Der Tag des Cholesterins ist ein guter Anlass, genauer hinzusehen – und damit ein idealer Moment, um sich mit einem Thema zu beschäftigen, das lange unterschätzt wurde. Viele denken bei Cholesterin an ein Altersproblem. Doch auch junge Menschen können betroffen sein, zum Beispiel bei familiärer Hypercholesterinämie – einer genetisch bedingten Fettstoffwechselstörung, die häufig unentdeckt bleibt. Gerade deshalb empfehlen Fachgesellschaften, mindestens einmal im Leben die Blutfettwerte bestimmen zu lassen – insbesondere, wenn es in der Familie bereits Herz-Kreislauf-Erkrankungen gab.
Was ist Cholesterin eigentlich und warum brauchen wir es?
Cholesterin ist ein lebenswichtiger, fettähnlicher Stoff. Unser Körper nutzt es für den Aufbau von Zellwänden, zur Hormonproduktion und für die Bildung von Gallensäuren. Etwa 70 bis 80 Prozent des Cholesterins stellt der Körper selbst her – vor allem in der Leber. Nur ein kleiner Teil stammt aus der Nahrung.
Im Blut liegt Cholesterin gebunden an sogenannte Lipoproteine vor – das sind Transporteiweiße, die fettähnliche Substanzen durch den Blutkreislauf befördern. Entscheidend sind dabei vor allem:
LDL-Cholesterin (Low Density Lipoprotein): transportiert Cholesterin zu den Zellen. Bei einem Zuviel kann es sich in den Gefäßwänden ablagern – deshalb wird es oft als “schlechtes” Cholesterin bezeichnet.
HDL-Cholesterin (High Density Lipoprotein): bringt überschüssiges Cholesterin zurück zur Leber – und gilt daher als “gutes” Cholesterin.
Triglyzeride: weitere Blutfette, die bei dauerhaft erhöhten Werten das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen zusätzlich steigern können.
Gesamtcholesterin: fasst alle Fraktionen zusammen – ein erster Orientierungswert, der aber allein wenig über das Risiko aussagt.
Diese Werte bilden das klassische Lipidprofil. Sie geben Auskunft über die Fettverteilung im Blut – allerdings primär in ihrer Menge, nicht in der Art oder Gefährlichkeit der Partikel.
Wenn Cholesterin zur Gefahr wird
Solange die Werte im Gleichgewicht sind, erfüllt Cholesterin seine Aufgaben problemlos. Doch wenn bestimmte Fraktionen – insbesondere das LDL – dauerhaft erhöht sind, kann es kritisch werden: Überschüssiges LDL-Cholesterin kann sich in die Innenwände der Blutgefäße einlagern, Entzündungen fördern und so zur Bildung von Plaques führen – festen Ablagerungen, die die Gefäße verengen können.
Dieser Prozess wird als Arteriosklerose bezeichnet – also eine chronische Gefäßverengung, die den Blutfluss behindert. Sie gilt als Hauptrisikofaktor für Herzinfarkt und Schlaganfall, da sich betroffene Gefäße im Herzen oder Gehirn plötzlich verschließen können.
Besonders tückisch: Dieser Prozess verläuft schleichend – meist ohne spürbare Symptome. Selbst bei normalem Gesamtcholesterin kann das Risiko erhöht sein – etwa wenn viele kleine, dichte LDL-Partikel im Blut zirkulieren. Sie gelten als besonders gefäßschädigend.
Moderne Diagnostik: Mehr als nur LDL und HDL
Heute weiß man: Nicht nur die Menge, sondern auch die Art und Anzahl der Cholesterinpartikel spielt eine Rolle. Apolipoprotein B (ApoB) etwa steht für die tatsächliche Zahl atherogener Partikel – also jener, die Arteriosklerose fördern können. Damit liefert dieser Marker ein genaueres Bild als das klassische LDL allein.
Ein weiterer zentraler Wert ist Lipoprotein(a), kurz Lp(a) – ein genetisch festgelegter Faktor, der das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen unabhängig von anderen Werten erhöhen kann. Die European Atherosclerosis Society (EAS) empfiehlt, Lp(a) mindestens einmal im Leben bestimmen zu lassen – insbesondere bei familiärer Vorbelastung.
Diese erweiterte Diagnostik kann helfen, Risiken früher zu erkennen – auch dann, wenn klassische Werte unauffällig erscheinen. So lässt sich gezielter, individueller und systemischer vorbeugen.
Warum Cholesterin schwerer zu beeinflussen ist, als viele denken
Erhöhte Cholesterinwerte entstehen nicht allein durch das, was auf dem Teller liegt. Tatsächlich produziert der Körper den Großteil des Cholesterins selbst – etwa 70 bis 80 Prozent stammen aus der körpereigenen Synthese, insbesondere in der Leber. Nur ein kleiner Anteil wird direkt über die Nahrung aufgenommen. Das bedeutet: Selbst bei bewusster Ernährung können erhöhte Werte auftreten – etwa aufgrund genetischer Einflüsse, Entzündungen oder hormoneller Veränderungen.
Umgekehrt gilt: Lebensstilveränderungen wie gesunde Ernährung oder Bewegung haben Einfluss – aber oft nicht in dem Ausmaß, wie viele erwarten. Anders als beim Blutzucker, der sich meist direkt durch eine zuckerarme Kost senken lässt, zeigt sich beim Cholesterin häufig nur ein moderater Effekt. Gerade LDL und insbesondere Lp(a) sind oft genetisch bedingt – und durch Ernährung nur begrenzt beeinflussbar.
Genau deshalb kommt es darauf an, die richtigen Maßnahmen zu finden – und sie dauerhaft umzusetzen. Systemische Gesundheitsberatung setzt hier an: Sie betrachtet Cholesterin nicht losgelöst, sondern im Zusammenspiel mit anderen Faktoren – und hilft, realistische und wirksame Wege zu finden, die in den Alltag passen. Nicht alles auf einmal – aber Schritt für Schritt. Und das hat bereits spürbare Effekte auf das individuelle Risiko.
Was Prävention leisten kann – und wie sie im Alltag funktioniert
Die wirksamsten Maßnahmen zur Senkung erhöhter LDL-Cholesterinwerte sind klar belegt: eine gezielte Umstellung der Ernährung (vor allem die Reduktion gesättigter Fettsäuren und die Zufuhr löslicher Ballaststoffe), regelmäßige Bewegung – idealerweise kombiniert aus Ausdauer und Krafttraining – sowie eine moderate Gewichtsreduktion. Merken kann man sich – tierisch ist oft gesättigt, pflanzlich meist günstiger.

Ernährung neu denken – alltagstauglich und systemisch: Ernährung spielt eine zentrale Rolle – aber nicht als Verbotsliste. Ich arbeite praxisnah: Gemeinsam analysieren wir Essgewohnheiten, schauen bei Bedarf auch direkt im Supermarkt auf Zutatenlisten und Fettsäuren – und entwickeln Strategien, die zur Lebensrealität passen. Ob Familienküche oder Schichtarbeit – entscheidend ist nicht, was ideal wäre, sondern was tatsächlich umsetzbar ist. Auch das soziale Umfeld spielt eine Rolle: Wer im Familienalltag zwischen Kantinenessen, schnellen Abendgerichten und eingeschliffenen Gewohnheiten lebt – etwa täglich Fleisch auf dem Teller – braucht andere Lösungen als jemand, der mit Freude frisches Gemüse aus dem eigenen Garten verarbeitet und gerne Zeit fürs Kochen einplant. Ernährung ist kein neutraler Akt, sondern eingebettet in Routinen, Vorlieben, Zeitbudgets und soziale Strukturen. Genau deshalb braucht es individuelle Strategien – und keine pauschalen Empfehlungen. Genau hier setzt die Systemische Gesundheitsberatung an – immer mit einem klaren Blick auf Verhalten, Beziehungen und Alltag.
Bewegungseinheiten effizient nutzen – ohne Aufwandsschleife: In meiner Praxis arbeite ich mit zeiteffizienten Bewegungskonzepten, die sich gut in den Alltag integrieren lassen – gerade für Menschen mit wenig Zeit oder wenig Sporterfahrung. Im Rahmen der Beratung zeige ich, wie sich zeiteffiziente Trainingsmethoden wie EMS (elektrische Muskelstimulation durch leichte Stromimpulse) und Vibrationstraining (zum Beispiel über vibrierende Plattformen) alltagstauglich einsetzen lassen – auch in Kombination. Viele meiner Klientinnen und Klienten nutzen solche Ansätze, weil oft schon 20 Minuten pro Woche ausreichen, um gezielte Reize zu setzen und den Muskelaufbau zu unterstützen. Wer zusätzlich kurze Alltagswege zu Fuß oder mit dem Rad einbaut, kann bereits viel bewirken – ohne gleich den gesamten Lebensstil auf den Kopf zu stellen.
Auch Stress und Schlaf haben Einfluss auf den Fettstoffwechsel: Chronischer Stress kann über eine erhöhte Cortisolproduktion zu ungünstigen Stoffwechselveränderungen führen – oft ohne, dass man es unmittelbar merkt. Schlafmangel hat ähnliche Effekte und verstärkt das Risiko zusätzlich. Auch wenn diese Einflüsse auf LDL-C weniger stark quantifizierbar sind als Bewegung oder Ernährung, gilt: Wer gut schläft und Belastungen reduziert, schafft wichtige Voraussetzungen für Stoffwechselregulation und Erholung.
Systemisch denken: Cholesterin kommt selten allein
Erhöhtes LDL-Cholesterin ist ein relevanter Risikofaktor – aber selten das einzige Problem. In der Praxis zeigt sich oft: Es kommt nicht allein, sondern eingebettet in ein Gesamtbild aus Bewegungsmangel, Stress, ungünstiger Ernährung, Gewichtszunahme, Schlafproblemen oder anderen metabolischen Auffälligkeiten.
Deshalb empfiehlt auch die EAS (European Atherosclerosis Society) einen systemischen Ansatz, der nicht nur das Cholesterin isoliert betrachtet, sondern die Gesamtheit der Risikofaktoren einbezieht. Denn: Atherosklerose und Herz-Kreislauf-Erkrankungen entstehen in der Regel multifaktoriell – also durch das Zusammenspiel verschiedener Belastungen.
Maßnahmen wie Ernährung, Bewegung oder Rauchstopp wirken dabei nicht nur auf die Blutfette, sondern auch auf Blutdruck, Entzündungsprozesse und den Glukosestoffwechsel. So kann zum Beispiel die sogenannte Insulinresistenz – eine Vorstufe von Typ-2-Diabetes – durch regelmäßige Bewegung und Gewichtsreduktion deutlich verbessert werden. All diese Faktoren verstärken sich gegenseitig, wenn sie kombiniert werden. Deshalb gilt: Die Summe kleiner Schritte zählt – nicht der perfekte Plan.
Ein systemischer Blick bedeutet aber auch, individuelle Risiken einzuordnen. Leitlinien empfehlen dazu die Nutzung von Scoring-Modellen wie SCORE2, um das persönliche Risiko für Herzinfarkt oder Schlaganfall einzuschätzen. Diese Einschätzung bildet die Grundlage für die Entscheidung, ob Lebensstilmaßnahmen allein ausreichen – oder ob eine medikamentöse Behandlung sinnvoll ist.
Wichtig ist bei bereits erhöhten Werten daher immer die Rücksprache mit der behandelnden Ärztin oder dem Arzt. Prävention ist kein Ersatz für medizinische Diagnostik – sondern eine wertvolle Ergänzung. Wenn ärztlich grünes Licht gegeben wird, lassen sich im Rahmen der Systemischen Gesundheitsberatung gezielt individuelle Ressourcen stärken, Risikofaktoren senken und alltagstaugliche Veränderungen anstoßen.
Ein erhöhter Cholesterinwert ist kein Urteil – aber ein Warnsignal.
Und er ist oft die erste messbare Spur eines Risikos, das im Alltag längst spürbar ist: Stress, unausgewogene Ernährung, zu wenig Bewegung, familiäre Belastung.
In Deutschland übernehmen gesetzliche Krankenkassen ab dem 35. Lebensjahr alle drei Jahre den sogenannten Check-up 35 – inklusive Cholesterinbestimmung. Für Menschen zwischen 18 und 34 Jahren ist dieser Gesundheits-Check einmalig ebenfalls kostenlos möglich. Fachgesellschaften empfehlen zusätzlich, bei familiärer Vorbelastung oder auffälligen Blutwerten auch das Lp(a) einmal im Leben bestimmen zu lassen – ein erblich bedingter Wert, der mit dem LDL-Cholesterin verwandt ist, aber deutlich schwerer zu beeinflussen.
Wie Systemische Gesundheitsberatung unterstützen kann
Ich kläre auf, was Risikofaktoren wie Cholesterin bedeuten – jenseits von Panik oder Verharmlosung. Ich zeige Wege, wie man diese Risiken beeinflussen kann, ohne sie losgelöst vom Alltag zu betrachten. Ich kombiniere Fachwissen mit Praxis – etwa durch Beratung zu Bewegung, Ernährung, Umfeld und psychosozialen Aspekten. Und ich helfe Menschen, ihre eigene Rolle aktiv zu gestalten, statt sich ohnmächtig zu fühlen.

Systemische Gesundheitsberatung verbindet dabei medizinisch fundiertes Wissen mit einem Blick für die Lebensrealität – und kann so einen wirksamen Beitrag zur Prävention leisten.
Quellen
Mach F, Baigent C, Catapano AL, et al. (2020). 2020 ESC/EAS Guidelines for the management of dyslipidaemias. European Heart Journal.
Estruch R et al. (2013). Primary Prevention of Cardiovascular Disease with a Mediterranean Diet, N Engl J Med.
Tsimikas S et al. (2018). Lipoprotein(a): A cardiovascular risk factor with effects beyond LDL. Current Atherosclerosis Reports.
Kraus WE et al. (2002). Effects of the amount and intensity of exercise on plasma lipoproteins, N Engl J Med.
Arnett DK et al. (2019). 2019 ACC/AHA Guideline on the Primary Prevention of Cardiovascular Disease. J Am Coll Cardiol.
SCORE2 Working Group and ESC Cardiovascular Risk Collaboration (2021). SCORE2 risk prediction algorithms: new models for estimating 10-year cardiovascular risk in Europe. European Heart Journal.
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